Medienmitteilung: Alpine Solaranlage Hahnenmoosbärgli: Guter Standort, mangelhafte Planung

04. Oktober 2024

Obschon der Standort grundsätzlich gut gewählt ist, macht der WWF Einsprache. Grund dafür sind unter anderem Bauten, die mitten in einem Amphibien-Laichgebiet vorgesehen sind. Wird das Projekt jedoch entsprechend angepasst, kann voraussichtlich ein gesetzeskonformes Projekt entstehen.

Im Berner Oberland planen die Lenk Bergbahnen am Rande des Skigebiets Adelboden-Lenk beim Bühlberg eine Solaranlage. Diese liegt derzeit öffentlich auf. Mit einer Leistung von 8.7 MW und einer Produktion von 14.3 GW handelt es sich um eine vergleichsweise kleinere alpine Solaranlage. Der Standort ist grundsätzlich gut gewählt, befindet er sich doch in einem mit Infrastruktur vorbelasteten Gebiet. Positiv ist auch, dass ein Teil des durch die Anlage produzierten Stroms direkt vor Ort für den Betrieb der Bahnen genutzt werden kann.

Der WWF bevorzugt PV-Anlagen auf bestehenden Infrastrukturen, stellt den Solarexpress aber nicht in Frage. Die Umweltorganisation ist der Meinung, dass die Produktion von Winterstrom wichtig ist und diese sich bei sorgfältig ausgewählten Standorten mit der Schonung der Natur verträgt. In diesem Sinne hat der WWF anhand des Umweltverträglichkeitsberichts die Auswirkungen der Hahnenmoosbärgli-Anlage auf Pflanzen und Tiere geprüft.

Er hat festgestellt, dass die Planung folgende Mängel aufweist:

  • Eine Schaltstation und ein langjähriger Lagerplatz befinden sich mitten in einem Amphibien-Laichgebiet von nationaler Bedeutung. Ein solcher Eingriff in ein nationales Biotop ist im Solarexpress explizit ausgeschlossen. Von den 19 einheimischen Amphibienarten gelten 14 (74%) als gefährdet. Hauptursache ist der massive Verlust an Laichgewässern in den vergangenen 100 Jahren. Alternative Standorte wurden im UVB nicht aufgezeigt, obwohl diese möglich sein sollten.
  • Auch ein national geschütztes Trockenwiesen- und weiden-Gebiet (TWW) wird durch Stromleitungen tangiert.
  • Im UVB fehlt eine vertiefte Analyse zum Schutz eines Flachmoors von nationaler Bedeutung. Dieses könnte durch die tiefen Verankerungen der PV-Anlagen zumindest teilweise entwässert werden und so seine Qualität als hochwertiger Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere verlieren.
  • Die Anlagen kommen in zum Teil steilem Gelände zu liegen, wo die Gefahr von Murgängen und Lawinen besteht. Damit wäre auch die auf diesen Flächen wachsende Flora gefährdet. Auf solche Anlagenteile soll verzichtet werden.
  • Der Umweltverträglichkeitsbericht weist Lücken auf, so dass eine Beurteilung der Auswirkungen auf die Natur nur ungenügend durchgeführt werden kann.

Mit der Einsprache verfolgt der WWF das Ziel, die Behörden auf diese Mängel aufmerksam zu machen, um konkrete Verbesserungen im Projekt zu erreichen. Die Naturschutzorganisation ist zuversichtlich, dass mit einer verbesserten Planung eine gesetzeskonforme Umsetzung des Projekts erreicht werden kann.

Das Instrument der Einsprache gibt der Naturschutzorganisation die Möglichkeit, rechtliche Vorbehalte vorzeitig gegenüber den Behörden anzubringen. Ziel ist es, dass Projekte so realisiert werden, dass sie den geltenden Gesetzen zum Schutze der Natur entsprechen. Es handelt sich dabei um eine Mitwirkung, bevor ein Projekt bewilligt wird. Gesuchsteller, Behörden und Verbände tauschen sich hier aus und finden oft gemeinsame Lösungen. Es ist kein Rechtsmittel, sondern dient einem raschen Verfahren, indem ein zeitraubender Gang vor Gericht eher vermieden werden kann.

Im Kanton Bern haben wir bislang Kenntnis von dreizehn Projekten. Zwei wurden von den Projektanten selbst aufgegeben, fünf scheiterten an der Bevölkerung der Standortgemeinde. Von den sechs verbleibenden sind drei noch nicht zur Auflage des Bauprojekts gelangt. Die öffentliche Auflage der Anlagen Mont-Soleil (bei St. Imier) und Morgeten Solar (Oberwil im Simmental) hat der WWF gutgeheissen.

Der Kanton Bern hat sich durch runde Tische bereits früh dafür eingesetzt, dass nur realistische und naturverträgliche Projekte geplant werden. Ein Vorgänger-Projekt wurde am runden Tisch präsentiert und vom Kanton mit “schwierig - erheblichen Vorbehalten” beurteilt.


Weiterführende Informationen:
Sichere Schweizer Energieversorgung 2035: Klima und Biodiversität schützen


Auskunftsperson:

Kurt Eichenberger, Projektleiter alpine Solaranlagen, WWF Schweiz, kurt.eichenbergernoSpam@wwf.noSpamch, 079 830 96 80. 


Das Verbandsbeschwerderecht (VBR) 
Verbandsbeschwerden machen im Vergleich zu Beschwerden von Privaten lediglich einen kleinen Teil aus. Als Anwältinnen der Natur, die selbst keine Stimme hat, können Naturschutzorganisationen durch ein Gericht prüfen lassen, ob z.B. ein Energieprojekt gesetzeskonform ist. Das Beschwerderecht trägt also lediglich dazu bei, dass bei Bauvorhaben die geltenden Gesetze auch wirklich eingehalten werden. Entscheide fällen immer die Gerichte. Das VBR wurde als Säule des Umweltrechts konzipiert und ist für dessen einheitlichen und korrekten Vollzug unerlässlich. Die Beschwerden der Umweltverbände weisen eine hohe Erfolgsquote auf. Das zeigt, dass das VBR ein effizientes und bewährtes Instrument im Umweltrecht ist, welches verantwortungsvoll eingesetzt wird. Das VBR wurde zudem von der Bevölkerung in einer Volksabstimmung im Jahr 2008 mit 66 Prozent der Stimmen bestätigt.


Medienmitteilung vom 04.10.2024

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